August 2021 – Weite Wege
August schon. Nach sechs Monaten im Homeoffice allein daheim geht es auch für mich an drei Tagen der Woche wieder zurück ins Büro. Es ist gleichermassen seltsam und nett, wieder unter Menschen zu sein. Ich trage weiterhin durchgehend Maske (das wird später im Herbst mit den steigenden Fallzahlen dann eh Pflicht) und bin vor allem viel draussen unterwegs. Der Jungfrau-Marathon naht mit grossen Schritten, ausserdem ist das Wetter meistens schön, und so nehme ich ein bisschen zusätzlich frei. Mittwochs radle ich ein Stück bergauf und kullere zurück nach Hause, mit dem einen oder anderen anschliessenden Aareschwumm, bevor ich von zu Hause aus noch ein bisschen arbeite.
Freitags stopfe ich eine Schüssel mit dem Frühstücks-Haferbrei in meine Laufweste und es geht als Höhenmetertraining zu Fuss auf unseren Hausberg, und dann mit Seilbahn und Zug wieder nach Hause, zurück an die Arbeit. Beim ersten Mal ist es oben recht stürmisch, und holla, schaukelt die Gondel beim Runterfahren. So oft ich schon damit gefahren bin, diesmal wird mir ganz anders, und sich kurz vor dem Jungfrau-Marathon noch eine Seilbahnphobie zuzulegen, ist irgendwie schon noch recht unpraktisch.
Sonntags gibt es auch weiterhin nach dem langen Lauf einen Ausflug mit dem Rad, mit Zwischenstop im Café in der Nachbarstadt. Da die Sommerferien dem Ende zugehen, ist es dort inzwischen recht voll. Daher fange ich an, mir meinem Lieblingstisch auf der Terrasse vorab zu reservieren, und nenne das dann „Besenwagentraining“. Und amüsiere mich dann sehr darüber, dass ich es tatsächlich jedesmal trotz vorheriger Laufrunde und der Entfernung punktgenau schaffe.
Viel Koffein und Zucker bedeutet ja aber auch immer, dass ich irgendwelche Dummheiten mache. Und so finde ich mich auf dem Heimweg plötzlich auf einem „kleinen“ Schlenker über das Emmental wieder. Es ist total bekloppt, total toll, und „don’t do this at home“, wie Ralf Scholt vom Bestzeit-Podcast sagen würde – ich fahre einfach drauflos, der Handyakku, den ich für die Navigation und eventuelle Notfall-Zugfahrkarten und ähnliches brauche, ist irgendwann bedenklich leer, die Entfernung nach Hause wird immer weiter statt kürzer, genügend Snacks habe ich auch nicht dabei, und eigentlich sollte ich wieder daheim sein, bevor der Tag zu Ende ist.
Glücklicherweise lässt sich hier Trinkwasser in vielen Dörfern am Brunnen auffüllen, der Akku reicht knapp, bis ich wieder zurück in bekannter Gegend bin, beim Notfallstop am Schluss hat sich grad noch so ein letzter und nur leicht angestaubter Snack in der Tasche finden lassen, und das Überholen von der Gruppe mit den als Rennradfahrer getarnten Sonntagsbummlern ging dann doch noch ohne Unfall aus. Das war mit 120 Kilometern die weiteste Strecke, die ich jemals an einem Tag mit dem Rad gefahren bin, und irgendwann später bin ich dann auch wieder vom Sofa aufgestanden.
Am Sonntag danach fahre ich dann zur Abwechlung und diesmal geplanterweise nach dem Frühstück im Café in die andere Richtung – ich will nach Luzern und dann mit dem Zug wieder heim. Die Strecke sieht hübsch aus und die Entfernung machbar, und diesmal ist auch das Handy voll aufgeladen. Aber natürlich klappt der Ausflug nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe:
Plan: Irgendwo unterwegs hübsch am See sitzen.
Realität: Am See ist alles bis auf den letzten Millimeter zugebaut oder überfüllt.
Nichtsdestotrotz komme ich irgendwann tatsächlich in Luzern an, esse ein bisschen was in meinem Lieblingsrestaurant, kurve noch ein bisschen am See entlang und Himmel, sind hier viele Menschen unterwegs. Mit dem Zug geht es dann wie geplant zurück nach Hause in die kleine Stadt.
Am Monatsende kommt die Startnummer für den Jungfrau-Marathon und es gibt keine neuen Laufverletzungen, es wird tatsächlich ernst.